Der Darm – Ein Wunderwerk
Viele Dinge sind unsichtbar. Das gilt auch für unseren Körper und den Darm. In uns ist in jeder Sekunde etwas los. Im Verborgenen spielt sich Verblüffendes ab. Dort spielen Organe, Stoffe und Zellen zusammen, um uns Tag und Nacht zu versorgen. Häufig kommt von Patienten dabei die Frage auf „Wie funktioniert der Darm?“.
Funktionen des Darms
Eines dieser beeindruckenden internen Systeme ist das Verdauungssystem – der Darm.
Obwohl schon sehr früh Ärzte und Heiler erkannt haben, dass es sich hier um ein zentrales und sehr wichtiges System handelt, ist der Verdauungstrakt und besonders der Darm noch häufig mit Scham besetzt. Ich erlebe nicht selten in der Praxis Patienten, die peinlich berührt auf ihrem Stuhl herumrutschen, wenn ich sie nach ihrer Verdauung frage.
Doch es gibt eine sehr positive Entwicklung! Durch Studien, Bücher und Artikel, wird das Thema Darm und Verdauung salonfähig gemacht. Es wird geforscht und experimentiert und ständig entstehen neue Versuchsanordnungen, Studien und Ergebnisse der Untersuchungen und Darmforschung.
…und es gibt noch soooo viel zu entdecken über die Darmgesundheit und die Funktionen des Darms!
Der Darm ist für mich ein absolutes Meisterstück. Zugegeben, wenn wir uns das Verdauungssystem auf Bildern anschauen, sieht es etwas seltsam aus. Beim genauerem Hinschauen des Darms und seiner Funktionen aber, zeigt sich ein hochkomplexes, faszinierendes System. Ein echtes Wunderwerk!
Alles, was wir essen, nimmt seinen Weg durch unseren Verdauungstrakt.
Der Start: Funktionen des Darms
In unserem Mund geht es schon los. Hier fängt die Verdauung bereits an. Je besser die aufgenommene Nahrung mit den Zähnen zerkaut wird, desto besser kann sie am Schluss verwertet werden. Unser Speichel enthält sogar Enzyme, durch welche Stärke schon hier in Zucker umgewandelt wird. Also ist der Verdauungsprozess schon ab hier in vollem Gange.
Indem wir schlucken rutscht der Nahrungsbrei durch die etwa 25cm lange Speiseröhre in den Magen. Hier wird alles kräftig mit Magensäure durchmischt und so in eine dickflüssige Masse verwandelt. Nach einigen Stunden gelangt der Brei durch den Magenpförtner in den Zwölffingerdarm. Hier wird er mit Verdauungsenzymen aus Galle und Bauspeicheldrüse bespritzt, um weiter in seine Bestandteile zerlegt werden zu können. An dieser Stelle wird zum Beispiel entschieden, wie gut das (hoffentlich) wertvolle Fett, dass Du zu Dir genommen hast verdaut wird und für Deine Zellen verfügbar ist. Wenn die Leber nicht genügend Säfte produziert, weil sie mit anderen Dingen wie z.B. filtern von Giftstoffen beschäftigt ist, wird das Fett nicht herausgelöst, sondern ungelöst weitertransportiert und in die Toilette befördert. Schade!
Auch die Verdauungssekrete der Bauchspeicheldrüse spalten Nahrungsbestandteile wie Kohlenhydrate und Eiweiße in immer kleinere Moleküle auf.
Die Dünndarm Funktion: Wie funktioniert der Dünndarm?
Und hier kommt jetzt der Trick des Dünndarms zum Einsatz. Wenn Du den Dünndarm als Schlauch vor Dir der Länge nach auslegen würdest, würdest du etwa 5-6 Meter messen – natürlich je nach Göße und Geschlecht etwas länger oder kürzer. Schaust Du nun aber in den Dünndarm hinein, kannst Du eine zarte, rosé-glänzende Schleimhaut entdecken, die sich faltet und wölbt. Würdest du diese Falten nun auch noch glatt streichen, so lägen etwa 18m Dünndarm vor Dir. Aber damit nicht genug! Auf diesen Falten und Ausstülpungen könntest Du bei noch genauerem Hinsehen (mit dem Mikroskop) noch einmal Ausstülpungen entdecken, die 600mal kleiner sind, als eine Ausstülpung. Würdest Du noch auch noch diese auffalten und ausbreiten, so lägen unglaubliche 7km Dünndarm vor Dir. Ist das nicht unvorstellbar? Der Dünndarm vergrößert sich also, um alles, was in ihn hineinkommt maximal zu verkleinern. Er möchte, das nichts verloren geht und zerlegt und zerkleinert den Nahrungsbrei so lange, bis fast alles in seinen Wänden aufgenommen wurde. Der Dünndarm tut also alles, damit wir möglichst viele Nährstoffe aufnehmen können und Energie zur Verfügung haben. Nach der Verwertung liegen nur noch die groben Reste im Dünndarm. Das sind die unverdaulichen Fasern oder auch unzerkaute Sonnenblumenkerne, Maiskörner und Co.
Eine Weile nach dieser Verwertung erzeugt der Dünndarm eine kräftige wellenförmige Bewegung, um alle Reste vor sich herzuschieben und in den Dickdarm zu befördern.
Hier kommen die übergebliebenen Anteile in eine komplett andere Welt. Keine Zotten, keine rosa Samtigkeit – aber dafür jede Menge Platz und unglaublich viele Bakterien.
Dickdarm Funktion: Wie funktioniert der Dickdarm?
Der Dickdarm lässt sich Zeit. Etwa 16 Stunden lang werden alles Reste gewissenhaft bearbeitet. Dabei werden Stoffe aufgenommen, die ansonsten verloren gegangen wären: Mineralien wie Calcium, das Wasser und auch das Salz werden ausbalanciert, Verdauungssäfte werden zurückresorbiert und sogar B-Vitamine werden in der Zusammenarbeit mit Darmbakterien gebildet. Einige Male am Tag schiebt der Dickdarm den eingedickten Nahrungsbrei Richtung Ausgang, so dass es im besten Fall 1-2x pro Tag zu einer Entleerung kommt. Allerdings sehe ich in der Praxis sehr häufig (man schätzt 20%), dass viele Menschen seltener als 3x pro Woche Stuhlgang haben, der Kot oft besonders hart ist oder auch mit viel Anstrengung und sogar mit Hilfsmitteln herausgefordert werden muss. Hier spricht man dann von Verstopfung. Ganz oft entsteht das durch eine faserarme Ernährung, eine unausgeglichene Darmflora oder auch eine „Erziehung“ des Nervensystems, dass der Kot zurückgehalten werden soll. Wenn Du also zu häufig den Verdauungsbrei zurück in die Warteschleife schickst, weil Du meinst, dass es gerade unpassend, ekelig oder unangenehm ist die Toilette zu besuchen, trainierst Du damit Deine Nerven und Muskeln in die Rückwärtsrichtung – und das kann zu Verstopfung führen.
Bakterien Darm – Interessanter als du denkst
Aber nun zurück zur Welt des Dickdarms. Erst seit dem Jahr 2007 ist sicher, dass jeder Mensch seine ganz eigene Sammlung von Bakterien hat. Um das herauszufinden, wurden Unmengen an Stuhlproben gesammelt und ausgewertet. Durch diese Analysen wurde auch klar, dass 99% der Mikroorganismen die in und auf uns wohnen, im Darm beherbergt sind. Wir sprechen hier von rund 100 Billionen Bakterien! Das macht etwa 2 Kilogramm unseres Körpergewichts aus. Und stell Dir vor: in einem Gramm Kot befinden sich mehr Bakterien als Menschen auf der Erde! Anders betrachtet bedeutet das auch, dass wir zellenmäßig nur 10% Mensch und zu 90% Mikrobe sind! Einfach unglaublich! …und das macht auch gleichzeitig nachdenklich.
Darm und Immunsystem – Wusstest du schon…?
Wir wissen erst ansatzweise, was diese Bakterien in uns alles bewegen können. Was wir schon lange wissen ist, dass unsere Darmbakterien für einen großen Teil des Immunsystems zuständig sind. Wir sprechen hier von 80%!
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass mein Immunsystem nicht besonders gut aufgestellt ist, wenn ich nicht genügend Darmbakterien besitze oder sich meine „Mitbewohner“ im Ungleichgewicht befinden. In der Praxis sehe ich unterschiedliche Gründe für die Entstehung einer Dysbalance:
Teilweise wird den Bakterien nicht genügend Futter geliefert, das sie Lust haben in diesem Darm zu wohnen. Wie gesagt ernähren sich die Darmbakterien von dem, was im Dünndarm nicht zersetzt werden konnte – und das sind vor allem die Fasern von Obst und Gemüse. Das lieben sie – man nennt dieses Futter auch Präbiotika.
Hierzu gehören zum Beispiel:
- Äpfel
- Artischocke
- Spargel
- Chicorée
- Zwiebeln
- Löwenzahn
- Pastinaken.
Von den 30g die wir optimalerweise davon essen sollten, kommen die Meisten nur auf knapp die Hälfte.
Was machen unsere Darmbakterien noch?
Ein weiterer Grund für einen Mangel an unterstützenden Bakterien ist die Einnahme von Antibiotika. Hier wird sowohl den schlechten als auch den guten Bakterien der Gar ausgemacht. Auch andere Medikamente sind nachgewiesenermaßen schädigend für unser Ökosystem. Dazu gehören Kortison genauso wie Psychopharmaka, Schmerzmittel und entzündungshemmende Präparate.
Sie stellen Vitamine her, Buttersäure, die unsere Darmwand schützend auskleidet und auch Hormone. Bisher wurde oft behauptet, dass das Glückshormon Serotonin ausschließlich im Gehirn entsteht. Aber weit gefehlt – Serotonin wird nur zu 10% im Gehirn produziert und zu 90% in unserem Darm. Natürlich vorausgesetzt, dass hier genügend Darmbakterien für die Herstellung wohnen.
In Versuchen wurde deutlich, dass unsere Darmbakterien etwas mit unserem Cholesterinspiegel, unserer Blutzuckerbalance und auch einer Neigung zu Übergewicht zu tun haben.
Alle unsere Darmbakterien zusammen haben 150Mal mehr Gene als ein Mensch. Da kann man sich vorstellen, dass das etwa mit uns macht!
Die Funktion des Darms & unser Bauchgefühl
Eigentlich wissen wir schon seit Langem, dass unser Bauchgefühl großen Anteil daran hat, wie es uns geht. In der Forschung wird es nach und nach belegt: über den Nervus vagus sind Darm und Hirn miteinander verbunden, was dazu führt, dass Menschen mit mehr Lactobazillen im Darm nachweislich weniger Stresshormone produzieren. Auch die Gefühls-und Schmerzverarbeitung kann durch einen Mix aus bestimmten Bakterien deutlich positiv beeinflusst werden.
Wie wirkt sich ein gereizter Darm auf unser Wohlbefinden aus?
Ebenso kann ein gereizter Darm ungute Gefühle auslösen. Kein Wunder, denn im Darm sitzen 100 Millionen Nervenzellen, die bei einer Reizung über den Nervus Vagus direkt in unser Gehirn funken.
Also macht es Sinn sich darüber Gedanken zu machen, was unser Darm mag, um ein gutes Immunsystem zu bilden, viel Energie zur Verfügung zu haben und emotional ausgeglichen zu sein.
Hierzu werde ich in meinem nächsten Artikel schreiben…denn es gibt dazu noch sooo viel zu entdecken!
Ich freue mich auf Dich! Eva
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